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Das Kiefergelenk – gespeicherte Emotionen und verborgene Kräfte

Hinter dem kleinen Kiefergelenk verbirgt sich großes Potenzial zur Gesundheitsförderung. Aus der Praxis ist bekannt, dass heutzutage immer mehr Personen Probleme im Kieferbereich haben. Grund genug, um Licht ins Dunkel zu bringen.

Zuerst ein bisschen Anatomie...

Unsere beiden Kiefergelenke sind die Gelenke zwischen den Schläfenbeinen (Ossa temporalia) und unserem Unterkiefer (Mandibula). Neben den knöchernen Strukturen gibt es auch Muskeln.

Die vier paarigen Kiefermuskeln:

  • M. temporalis
  • M. masseter
  • M. pterygoideus medialis 
  • M. pterygoideus lateralis

Sie sind für das Schließen des Kiefers verantwortlich und besitzen eine enorme Hebelkraft. Wer die Zähne zusammenbeißt, aktiviert diese Muskeln. Vor allem der M. masseter, der vom Jochbein zum Unterkiefer führt, gilt im Verhältnis zu seiner Größe, als stärkster Muskel im Körper – da steckt ganz schön Power dahinter!

Rund um das Kiefergelenk liegen nicht nur Muskeln, sondern auch viele Nerven, Sehnen und Bänder. Das ergibt ein gutes Zusammenspiel für die Nahrungsaufnahme, Atmung, Kommunikation und Körperhaltung. Einerseits sind diese anatomischen Strukturen für unser Überleben verantwortlich, andererseits spielen sie auch emotional eine tragende Rolle.

 

Unser Zellgedächtnis

Wir erleben immer wieder Augenblicke, mit überwältigend starken und unangenehmen Gefühlen. Wenn in solchen Situationen, die Zähne zusammengebissen werden, können solche Gefühle und der Zustand der Angespanntheit im Bindegewebe gespeichert werden. 

Dies kann überall im Körper passieren. 

Folgende Emotionen wirken sich jedoch besonders oft im Kieferbereich aus:

  • Angst
  • Ärger
  • Aggression
  • Anspannung
  • Unzufriedenheit
  • Trauer
  • Stress
  • Zorn
  • Überforderung
  • Reizüberflutung

Lebenssituationen, in denen man „sich durchs Leben beißen muss“ oder „die Zähne zusammenbeißen soll“ führen somit oft zu einer starken Spannung im Kiefergelenk und in den Kiefermuskeln.  

Aber auch körperliche Veränderungen können Blockaden und Spannungen im Kiefergelenk verursachen:

  • Entfernen eines Zahnes
  • Zahnfüllung, -krone, -implantat
  • Zahn- und Kieferregulierung
  • Sturz, Unfall
  • Schleudertrauma
  • Verletzung oder Operation am Bewegungsapparat
  • Beckenschiefstand
  • Schwangerschaft
  • Geburt
  • Probleme des Beckenbodens
  • und viele mehr

 

Die enge Verbindung zwischen Kiefer und Körper

Das Kiefergelenk ist über die Schädelknochen und somit über die harte Hirnhaut mit dem gesamten Wirbelkanal verbunden und beeinflusst damit das knöcherne Skelett, die Muskulatur, das Nervensystem und die Organe.

Die beiden Kiefergelenke sitzen an einer zentralen Schaltstelle für den gesamten Bewegungsapparat. Sie sind die höchstgelegenen Gelenke im Körper und damit der oberste Punkt, an dem statische Ungleichgewichte ausgeglichen werden können. 

Wie ein Mobile am Babybettchen arbeiten die Fuß-, Knie-, Hüft-, Schulter-, Kiefergelenke und die Wirbelsäule zusammen. Sie bedingen sich in ihren Lagen gegenseitig. Zusammen mit Muskeln und Faszienketten bilden sie ein dynamisches Spannungsnetzwerk. Dieses sorgt für koordinierte Bewegungen und aufrechte Körperhaltung.

Fällt ein Bestandteil des Mobiles aus, ist das ganze Gleichgewicht des Mobiles durcheinander. Dies ist zum Beispiel mit einer Verletzung des Fußgelenkes zu vergleichen. Der Körper gerät aus dem Gleichgewicht. Die Verletzung kann Probleme bis in den Kieferbereich verursachen.

Aber auch umgekehrt können Probleme im Kiefergelenk durch zum Beispiel eine Zahnregulierung starke Wirbelsäulenprobleme hervorrufen. 

Im Körper hängt nun mal alles zusammen.

Symptome für Ungleichgewicht im Kiefergelenk:

  • Zähneknirschen
  • Entzündungen im Kiefergelenk
  • Verspannte Schultern
  • Druck im Ohr/ Tinnitus
  • Schwindel
  • Kopfschmerzen oder Migräne
  • Kau- und Schluckschwierigkeiten
  • Schmerzen im Bewegungsapparat
  • und vieles mehr

 

Schwangerschaft und Geburt

Wenn das Baby in der Schwangerschaft stetig wächst und schwerer wird, kommen die haltenden Strukturen zunehmend unter Zug. Viele Schwangere verspüren nicht nur Rücken- oder Beckenschmerzen, sondern eben auch Veränderungen im Kiefer. Dies hängt mit der Verlagerung des Körperschwerpunktes und dessen Kompensation zusammen. 

In der Geburtshilfe ist schon lange bekannt, dass der Kiefer einen direkten Zusammenhang mit dem Beckenbereich hat. Das heißt somit: ein entspanntes Kiefergelenk, kann eine Geburt wesentlich erleichtern.

Aus diesem Grund werden in Geburtsvorbereitungskursen Atemübungen mit gleichzeitiger Entspannung der Gesichtsmuskeln, des Kiefers und des Beckenbodens gezeigt. Auch während der Geburt weist die Hebamme die Gebärende immer wieder darauf hin, den Mund leicht zu Öffnen und bei der Ausatmung durch den geöffneten Mund zu tönen. So kann der Kiefer möglichst locker nach unten fallen. Was wiederum bedeutet: entspanntes Kiefer = entspannter Beckenboden.

 

Kieferentspannung durch Craniosacrale Therapie

Mehr als 30% aller motorischen Nerven sind mit dem Kiefergelenk verbunden. So können gelöste Verspannungen im Kiefergelenk eine Entspannung im ganzen Körper bewirken. 

Das Kiefergelenk ist durch das Mobile-Phänomen mit dem ganzen Körper verbunden. 

Durch eine Craniosacrale Behandlung kann mit verschiedenen Griffen am Becken, an der Wirbelsäule, auf der Brust, am Nacken, am Kopf auf dem Gesicht Spannung im Bewegungsapparat reduziert werden. 

Die oben genannten Symptome und Bescherden werden mit der Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Kiefergelenk gelindert. Ebenso kann eine Behandlung des Kiefers mit einer Lösung alter, sehr oft unbewusst belastender Emotionen einhergehen. 

Eine besondere Form der Craniosacralen Therpaie stellt die intraorale Behandlung dar. Dies bedeutet, dass der Therapeut/ die Therapeutin sanfte Griffe in der Mundhöhle und am Gaumen durchführt. Dies klingt im ersten Moment unangenehm, stellt sich aber für die meisten Personen als tiefenentspannend heraus.

Wenn du Schmerzen im Kieferbereich hast, Zähne knirscht und Interesse an einer Craniosacralen Behandlung hast, dann melde dich gerne bei mir!

 

Quellen: 
Liem, T. (2018). Checkliste. Kraniosakrale Osteopatie. Haug, 3. Auflage.
Arnold, A. (2001) Rhythmus und Berührung. Grundlagen und Praxis der Cranio-Sacral-Therapie. Goldmann, 2. Auflage.
Nimke, M. (2018). Vom Becken zum Kiefer. Deutsche Hebammenzeitschrift, 70(6), 17-19.